30.08.2012

Waschen macht Sound – Transkulturelle Narrative


Kollektives in Bewegung setzen…
Was Musikfrauen und Wäscherinnen gemeinsam haben, ist nicht auf ein Blatt Papier zu bringen…
Auf jeden Fall gibt es viel, dass uns verbindet… Unsere Wäsche waschen wir alle - meistens - selbst! Und mit wessen Schmutzwäsche wir uns sonst noch auseinandersetzen müssen, versuchen wir in unserem Projekt "Waschen macht Sound – Transkulturelle Narrative" heraus zu arbeiten. 
Dass es dabei um afrikanische Dürregebiete genauso wie um die französische Revolution, um die skandalösen Wiener Waschweiber ebenso wie um die traditionellen Wäscherinnen-Gesänge aus dem brasilianischen Hinterland geht, dass Operetten sich mit süditalienischer Folkore mischen… all das werden wir in kollektiven Prozessen erarbeiten.

Das femous orchestra als interkultureller Pool von Musikerinnen und Sängerinnen aus unterschiedlichsten Kontexten setzt sich gemeinsam mit dem Brunnhilde DJne Kollektiv, jungen wiener Frauen mit transkulturellem Hintergrund, mit historischen und transkulturellen Kontexten auseinander, hinterfragt bezahlte und unbezahlte Frauenarbeit… und übersetzt unseren Musik-Alltag in eine Soundinstallation und eine raumfüllende Performance…

Fr, 28.9., ab 18.00: Live Performances: Die Musikfrauen
"
Waschen macht Sound – Transkulturelle Narrative"
Live-Performances im Rahmen der audio-visuellen Mehrkanal-Installation
mit Künstlerinnen von the femous orchestra & Brunnhilde DJ Kollektiv;
18.00–22.00 // Performance 19:30 - 21:00
schnell und sauber (Waschsalon Högn), 1070, Westbahnstraße 60/Urban-Loritz-Platz, www.schnellundsauber.at


Es sind akustische Fetzen aus ihren Leben, Erinnerungen an Weiß-Gewaschenes, ausgebleichte Realitäten und schöngefärbte Ideale, schmutzige Vokabeln und prickelnde Sounds… ein hörbarer Teppich aus Revolutionen, Klatsch und Skandalen, eingetaucht in die heile Bilderwelt der Illusionen. Mit der Soundinstallation schaffen wir ein Klangbild, das uns die vielfältige Welt der Waschweiber näher bringt, historische Kämpfe, Arbeitsbedingungen und Frauengeschichten hörbar und fühlbar macht… Geschichte aus einer weiblichen Perspektive erzählt.
Für die Live-Performances inszenieren sich die Musik-Wäscherinnen - Künstlerinnen aus dem Umfeld der femous und Brunnhilde Kollektive. Der Waschsalon wird zur 1. Station einer global-individualisierten Waschkulturenreise, wo Songs, Sounds, Interviews und Performances ineinander über fliessen, Live-Visuals die entsprechenden Bilderwelten aufbauen, Improvisationen aus Stimmen, Instrumenten, Electronics und Grooves sich interkulturell weichwaschen … eine Waschmaschine lang!
PS: Bring deine Schmutzwäsche mit! 


• Soundinstallation im Waschsalon von 28.9 bis 6.10
Eine Kollage aus Tönen, Geräuschen, Interviews, Liedern, Wörtern, Texten, Klangbildern… eine Waschmaschine lang. Zum inhaltlichen Zeitvertreib der Waschsalon-BenutzerInnen.
Wir schaffen ein vielfältiges Bild der Wäscherinnen – zeigen sie als politische Kraft (revolutionär), diskutieren klassische Frauenarbeit – bezahlt und unbezahlt, ökonomische Unabhängigkeit, bürgerliche und patriarchale Moral; Frauenbilder in der bürgerlichen, westl. Gesellschaft; Gruppenbildung / Organisationsformen, Gesellschaftskritik, Migration, Prekariat. Sexuelle Übergriffe. Alleinerziehend. Das Wasser. Die Werbung.
Und das Gerede. Und das natürlich in vielen Sprachen!

• Live-Performance im salon: Speakers/Singing Corner
Die Performance findet ohne Bühne statt; die Künstlerinnen sind Publikum und Protagonistinnen zugleich. Sängerinnen, Musikerinnen, Performerinnen, Moderatorinnen … wir schaffen ein Ambiente der Begegnungen, ganz in der Tradition der Waschweiber am Fluss, wo genug Zeit war, zu singen, zu reden, zu lachen, zu klagen und zu protestieren!
Wäschewaschen wird als sozialer Akt kommentiert – die Künstlerinnen bringen musikalisches Storytelling, erzählen die Geschichten von Frauen aus aller Welt… und die Geschichte aus Sicht der Frauen. Sie arbeiten an einem Gemeinschaftsstück, das sich mit Spoken Word Techniken / Freestyle Rap, Stanzel Singen bzw. Repente ecc… zum globalisierten Wäscherinnen-Song entwickelt. Moderatorinnen interferieren, interviewen, ziehen den roten Faden zwischen Geschichte und Gegenwart, verbinden die verschiedenen Arten der Narrativen. Einzelne Szenen reihen sich aneinander. Der ganze Raum wird inszeniert. Eine einfache Visualprojektion zeigt uns Bilder aus verschiedenen Kulturen, Skurriles und Ernstes, wirbt für Waschmittel im jeweiligen Zeitgeist, zeigt uns die Bilder zu den Tönen…


Leitungsteam
Célia Mara (BR/A)/ globalista: Koordination der Musikgruppe
Expertise Songwriting, Arrangement, Bandleitung, künstler. Musikproduktion
Christina Steyskal (A)/ brunnhilde: Koordination der Textgruppe
Expertise DJing, Groove-produktion, transkulturelle Kommunikation
Elisabeth Penker (A): Koordination der Soundinstallationsgruppe
Expertise Elektro-Akustik, Experimentelle Soundformate, Soundinstallation, Produktion
Maanila Moraes (BR/A): Koordination Video- & Visualgruppe
Expertise Videoart, Soundart, Performance
Silvia Jura (A)/globalista: Gesamtkoordination – Konzeption
Expertise Produktion, Strategie, Contentvermittlung
Theda Schifferecker(A)/brunnhilde: Koordination der Technik
Expertise Aufnahmetechniken, Soundtechniken, Soundbibliotheken

Mitwirkende Künstlerinnen aus dem femous orchestra Pool
Sängerinnen:
Anja Lazic (CRO) / Célia Mara (BR/A) / Grace Latigo (UG/SLK/A), Hottensiah (KEN),
Matilda Leko (SRB/A), Patrizia Ferrara (I/A), Véro la Reine (CAM)(tbc)
Musikerinnen:
Lisa Puhr, Posaune (A),
Célia Mara / e-guitar
Christina Steyskal /electronic grooves / DJ, Theda Schifferecker / electronic grooves / DJ
Performances & Moderation
Grace Latigo (UG/SLK/A),
Zoraida Nieto (VEN)

Das Rahmenkonzept / Gedanken zu den Wäscherinnen…

Sie sind selbstständig und unabhängig, oft sind sie Migrantinnen; Sie leben von ihrer Arbeit, ernähren sich und ihre Kinder davon und bezahlen oft einen hohen Preis dafür. Meist bleiben sie unsichtbar, sie werden aufgrund ihrer prekären (und oft illegalen) Arbeit diskriminiert und sind vermehrt sexuellen Übergriffen ausgeliefert – ob Putzfrau, Hausarbeiterin oder Wäscherin… Die Realitäten haben sich nicht sehr geändert!

Die Wäscherinnen der Vor-Waschmaschinen Ära zählten jedoch – aufgrund ihres besonderen gesellschaftlichen Status‘ - zu den politischen Vorkämpferinnen ihrer Zeit – sie haben die französische Revolution angeheizt, im Wien der vorigen Jahrhundertwende die bürgerlichen Fassaden zum krachen gebracht – die Wäscherinnen haben Volksmassen aufgestachelt und sind Heroinen der weiblichen Geschichte.

Es gibt keine universelle Wäscherin – sie stammen aus verschiedenen sozialen Kontexten, haben unterschiedliche Biographien. Doch fast überall, jenseits der bürgerlichen, westlichen Welten, wo die Schmutzwäsche nur zu Hause gewaschen wird, kann das Wäschewaschen als sozialer Akt verstanden werden.

Es ist daher immer mit Narrativen verbunden, mit Gesellschaftskritik und Analyse bestehender Missverhältnisse. Selbst im Waschsalon – wo die Frauen durch Maschinen ersetzt wurden – setzt sich diese Tradition fort: Zeit, um im Kollektiv über die Gesellschaft nachzudenken – eine Waschmaschine lang…

Diese Vielfalt wollen wir in den Raum stellen und – auch provokativ – inszenieren. Wir greifen den revolutionären Geist der Waschweiber auf und setzen uns musikalisch damit auseinander.

Wir lassen die Musikfrauen in die Rolle der Wäscherinnen schlüpfen… und präsentieren mit ihnen die gesellschaftliche Realität, die uns auch als Musikfrauen mehrfach diskriminiert, in idealisiertem Blütenweiß.